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Krematorium

Ein Ort des Abschiednehmens

Nach einer aufwendigen Sanierung gehört das Heilbronner Krematorium jetzt zu den modernsten im Land

Das Bestattungswesen in Deutschland ist im Wandel. Von der klassischen Erdbestattung geht der Trend auch in Heilbronn hin zur Feuerbestattung. Diesem gesellschaftlichen Bedürfnis wird das Krematorium auf dem Heilbronner Hauptfriedhof nun gerecht: Das im Jugendstil aus Heilbronner Sandstein erbaute und 1905 eingeweihte Gebäude wurde jetzt für 1,75 Millionen Euro vom Gebäudemanagement der Stadt aufwendig saniert. Was früher, wie Grünflächenamtsleiter Oliver Toellner es beschreibt, eher an „das Innere eines alten U-Boots“ erinnerte, ist heute ein pietätvoller und moderner Ort des Abschiednehmens geworden. 

Bestattungskultur in Deutschland verändert sich

Die Wände erstrahlen durch historischen Kalkputz hell, alle übrigen Flächen sowie der Ofen sind in mattem Dunkelgrau gehalten. Die gedeckten Farben vermitteln jetzt auch im Inneren des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes Eleganz und Würde. „Es ist ein hohes Gut, dass wir als Oberzentrum ein Krematorium bereitstellen und die Heilbronner Verstorbenen nicht in einem provisionsgesteuerten Einäscherungsmarkt durchs Land gefahren werden müssen“, betont Friedhofsleiter Martin Heier. 

Letzter Wille des Verstorbenen ist entscheidend

Vermehrt äußerten Angehörige in den vergangenen Jahren den Wunsch, bei der Einfahrt des Sarges in den Kremierungsofen dabei zu sein. „Das haben wir bereits in der Vergangenheit möglich gemacht“, sagt Heier. Beispielsweise bei Hindus sei die Feuerbestattung die traditionelle und verbreitetste Form der Beerdigung. Nach dem Umbau ist dies nun in einer respektvollen Atmosphäre möglich. Ein Mitarbeiter des Krematoriums dimmt dafür die Deckenbeleuchtung, geräuschlos fährt der Sarg in den auf 850 Grad Celsius erhitzten Kremierungsofen. An der Wand dahinter die für das Heilbronner Krematorium eigens verfassten Zeilen „Erd & Gebet“ des Schriftstellers José F. A. Oliver. „Das Gedicht soll Trost spenden und Zuversicht vermitteln, dass die Verbindung ins Unsagbare bleibt“, erklärt Anton Knittel, Leiter des Heilbronner Literaturhauses, der sich für die Stadt Heilbronn auf die Suche nach diesen besonderen Worten machte. 

Alle rechtlichen Fragen rund um eine Einäscherung sind in der Feuerbestattungsordnung des Landes Baden-Württemberg geregelt. „So muss es klar der letzte Wille des Verstorbenen sein, verbrannt zu werden“, erklärt Martin Heier. In Heilbronn sind dies seit 1905 rund 69.000 Menschen gewesen – neben ordentlich geführten Listen, verraten diese Zahl auch feuerfeste Keramiksteine, die mit den Särgen ins Feuer geschoben werden. 

Sie begleiten den Toten auf dem Weg durchs Krematorium und am Ende sogar in die Urne. So ist jede Art der Verwechslung ausgeschlossen. Und noch etwas verrät Heier über die hochmoderne Anlage: „Sie funktioniert nur, wenn ein Sarg eingefahren wird.“ Eine einzelner Verstorbener oder aber zwei Särge sind ausgeschlossen. 1200 Menschen werden etwa pro Jahr auf dem Heilbronner Hauptfriedhof eingeäschert – zwei Drittel davon stammen aus Heilbronn, die übrigen Personen aus dem Landkreis. 

Abwärme heizt übrige Gebäude des Friedhofs

Seiner Zeit weit voraus: Bereits seit Anfang der 90er Jahre werden mit der Abwärme des Krematoriums die übrigen Gebäude des Hauptfriedhofs geheizt – darunter die Trauerhalle sowie die Technik- und Sozialgebäude. Eine aufwendige Rauchgasreinigungstechnik sorgt dafür, dass anders als auf der historischen Skizze des Heilbronner Architekten und späteren Oberbürgermeisters Emil Beutinger, weißer statt schwarzer Rauch aus dem Schornstein aufsteigt.

INFO: Das Krematorium auf dem Hauptfriedhof Heilbronn an der Wollhausstraße ist das älteste Krematorium in Württemberg.